Warum wollen wir gemeinschaftlich leben?
Ein Leben in Gemeinschaft bringt persönliches Wachstum mit sich. Im gemeinsamen Leben und Wirken lernen wir uns und unsere Mitmenschen intensiver kennen, uns werden unsere eigenen Ängste, Traumata aber auch Potenziale und Fähigkeiten verdeutlicht. Reibung erzeugt Wärme, in diesem Sinne wollen wir jeden Konflikt als Chance erleben und aneinander wachsen. Gleichzeitig kann durch einfühlsamen, wertschätzenden Austausch auch auf emotionaler Ebene halt gegeben werden. Wir sind keine therapeutische Gemeinschaft, sehen aber das Potenzial zur Heilung, wenn wir offen zusammen leben.
Wir möchten den individuellen Bedarf an Besitz minimieren und durch die gemeinsame Nutzung von beispielsweise Büchern, Werkzeugen, Gartengeräten, Autos, Waschmaschinen und Anderem effizienter konsumieren. Wir sind uns bewusst, dass wir mit unserem Konsum großen Einfluss auf den ökologischen und sozialen Zustand unserer Erde ausüben. Wir prüfen bei dem, was wir gemeinschaftlich einkaufen, ob Material, Verpackung, Herkunft und Transport ökologisch und sozial vertretbar sind. Eine Selbstversorgung, nicht nur mit Nahrung sondern auch in weiteren Lebensbereichen (Bauen, Gesundheit, Verwaltung, Kultur, Energieversorgung, Bildung) wird von uns, soweit wie möglich angestrebt. Es gilt unser aller Bewusstsein zu entwickeln für einen genügsamen, innovativen Lebensstil, den schonenden Umgang mit den vorhandenen natürlichen Ressourcen, den Umwelt- und Tierschutz und soziales Miteinander.
Arbeit wird selbstverwaltet, selbstorganisiert und bedürfnisorientiert gestaltet. Die gerechte Wertschätzung von Arbeitskraft und Lebenszeit spiegelt sich darin, dass alle Arbeiten innerhalb der Gemeinschaft gleich geachtet und bewertet werden. Wir streben eine solidarische Zeit- und Wirtschaftsökonomie an. Wir wollen unser Leben so sinnvoll und lebenswert wie möglich gestalten. Hausarbeit, Kinderbetreuung und andere reproduktive Arbeiten – als gesellschaftlich notwendige Arbeiten – werden von allen gleichermaßen verantwortet (das bedeutet nicht, dass auch alle sich allen Arbeiten beteiligen müssen) und gelten soviel wie jede andere Arbeit. Hierfür haben wir eine klare Organisation mit Überblick über nötige Aufgaben und vorhandene Zeitkapazitäten. Wir wünschen uns, dass ein lebendiger Kontakt mit unserem Umfeld entsteht (Aktivität in Vereinen wie Feuerwehr, Fußball oder Landfrauen). Es soll regelmäßig Feste (z.B.Jahreskreis), Veranstaltungen verschiedenster Art, Flohmärkte und anderes geben. Um unsere Gemeinschaft zu stärken und gesellschaftspolitisch wirksam sein zu können, streben wir vielfältige Kooperationen (ideelle und materielle Vernetzung) an. Wir handeln mit Achtsamkeit und Dankbarkeit.
Als Gemeinschaft wollen wir auf gleicher Augenhöhe miteinander leben. Das
bedeutet nicht, dass wir alle gleich wären oder sein wollten, die gleichen Kenntnisse mitbrächten oder die gleichen Tätigkeiten mögen müssten. Aber es bedeutet dass keine_r aufgrund von seinen/ihren Ressourcen, Fähigkeiten oder Kenntnissen besser oder wichtiger wäre als andere, und dass wir versuchen, unsere unterschiedlichen Fähigkeiten und Stärken als einen Beitrag zum Gelingen des großen bunten Ganzen und zum Wohl aller zu wertschätzen. Uns ist bewusst, dass diese Gesiteshaltung ein lernender Prozess ist.
Wir sind für uns selbst verantwortlich und trachten danach, unseren individuellen und gemeinsamen Vorstellungen immer besser gerecht zu werden, wie und wo wir können. Anderen wollen wir dabei ein achtsames und respektvoll kritisches Gegenüber sein. Regeln, mit denen wir unser Zusammenleben gestalten, geben wir uns selbst im Konsens der betroffenen Menschen. Wir versuchen dabei, Entscheidungen auf der niedrigst möglichen Ebene zu treffen und uns vom Vertrauen leiten zu lassen, dass auch den
Menschen mit anderen Haltungen daran liegt, zu einer für alle guten Lösung zu kommen.
Hierarchischen Lösungen stehen wir kritisch gegenüber, wo sich Hierarchien z.B. durch Wissens- und Erfahrungsunterschiede entwickeln, versuchen wir dem durch Wissensweitergabe und Erfahrungsaustausch entgegenzuwirken; wo sie durch unterschiedliches Kommunikationsverhalten entstehen versuchen wir, an uns selbst zu arbeiten und uns gegenseitig konstruktiv-kritisch Feedback zu geben (wohlwollend). Hierbei ist es wertvoll, die für Jede*n passende Art der Kommunikation entdecken.
Wir wollen verwoben sein mit unserer Umgebung, aber frei sein in unseren
Entscheidungen. Und geleitet von Überzeugungen, Ideen und Idealen, von Utopien, Liebe und Gestaltungwille und befreit von Hemmnissen, wo immer sie auch herkommen. Praktisch bedeutet das, dass wir versuchen, wo auch immer und soweit möglich unser Leben in die eigenen Hände zu nehmen, sei es bei der Produktion unserer eigenen Lebensmittel, beim Bauen, beim Aufbau unserer ökonomischen Basis, bei der Gestaltung unserer internen Strukturen und unserer Vernetzung mit ähnlich ausgerichteten Projekten.
Es bedeutet aber auch, dass wir nicht vorhaben, uns zurückzuziehen und eine Mauer um uns zu ziehen, sondern unser gesellschaftliches und örtliches Umfeld mit einzubeziehen und mitzunehmen auf unserem Weg. Unser Haus ist ein offener Ort, für alle, die unsere Regeln und Werte achten.
Die Kommunikation und Vernetzung mit anderen alternativen und kommunitären Projekten ist uns wichtig. Zum einen um Anregungen für die Entwicklung unseres Projekts zu bekommen, zum anderen als Korrektiv für mögliche Fehlplanungen, die leicht entstehen, wenn mensch im eigenen Saft schmort, zum dritten weil wir davon ausgehen, dass die Vernetzung für alle Beteiligten zu Synergieeffekten und neuen kreativen Lösungsansätzen, zu einer größeren inneren Stabilität und zu einer größeren gesellschaftlichen Relevanz führen kann. Gemeinsam sind wir stark.
Wir wollen mit unserem lokalen Umfeld – z.B. den Nachbar_innen des Hofs, der Gemeinde Tonndorf/ dem Tal und anderen lokalen Institutionen kommunizieren und uns in dem Ort, an dem wir leben, einbringen. Wir möchten den Problemen der Gesellschaft, wie sie sich vor Ort zeigen (z.B. Vereinzelung, fortschreitender Umweltzerstörung, Prekarisierung und
Normierung und wachsender Rassismus) aktiv entgegenwirken und dies im Austausch und unter Beteiligung unserer Nachbar_innen.
Wir wollen uns so organisieren, dass sich unser gemeinsamer und individueller ökologischer Fußabdruck beharrlich dem Wert annähert, den jede_R Bewohner_In unseres Planeten haben kann, ohne ihn zu gefährden.
Dazu sind große Veränderungen in unserem Lebensstil nötig. Ein Weniger an materiellen Ressourcen schließt jedoch ein abgesichertes, erfülltes und bedürfnisorientiertes Leben nicht aus. Im Gegenteil: eine Reduzierung auf Wesentliches schafft Sinnhaftigkeit und Lebensfreude.
Wir unterstützen uns gegenseitig in der Bewältigung von Lebenskrisen und Krankheiten. Wir setzen den üblichen Sozialdarwinismus nicht fort, verweisen „problematische“ Mitglieder nicht an Fachleute und halten uns nicht raus. Zunächst setzen wir auf Lebensfreude, schöne gemeinsame Erlebnisse und unsere Strukturen zur Konfliktbewältigung. Aber wir können nicht alles auffangen und suchen uns schnell Hilfe, wenn wir sie brauchen. Wenn eine/r von uns sich und/oder andere gefährdet und/oder es uns an Wissen und Möglichkeiten eines angemessenen Umgangs mit der Krankheit/Krise
fehlt, und wir uns ein Zusammenleben nicht mehr zumuten wollen, werden wir uns dafür einsetzen, dass sie_er sich zur Regeneration an einen anderen Ort begibt.
Wir wollen gemeinsam lachen, weinen, feiern, trauern, tanzen, singen, schweigen, meditieren, Kinder begleiten, lieben, leben, faul und fleißig sein, toben, entspannen, essen, kochen, aufräumen und uns dabei gegenseitig annehmen wie wir sind.